Erziehung

Argante am Strand

Argante

Der Maremmane ist gegen seinen Besitzer sehr sensibel. Und genauso wie er niemals sich gegen ein ihm anvertrautes Schaf wenden wird, wird er sich auch in der Familie verhalten. Maremmanen brauchen sehr viel soziale Prägung. Wenn ihnen diese gewährt wird, wird er sich wie ein Wolf ins Rudel einfügen und dabei automatisch lernen, was er soll und was nicht.

Selbst Dinge wie Leinenführigkeit oder Platzmachen wird er auf diese Weise lernen. Er begreift z.B. schnell, wie lästig das Gezerre an seinem Hals ist und vor allem, wie lästig es seinem Besitzer ist und wird ohne weitere Maßnahmen manierlich an der Leine laufen. Bringt man es ihm auf die übliche Weise mit Kommandos und Gezerre an der Leine bei, kann es passieren, dass er bockig wird und er sich immer resistenter auch gegen andere Lektionen verhält.

Er ist immer bestrebt, zu tun, was von ihm verlangt wird. Dies kann länger dauern, als eine Abrichtung in der Hundegruppe, aber es kommt sozusagen aus der eigenen „Einsicht“. Bei Maremmanen, die man versucht, auf konventionelle Weise zu erziehen, wird man unter Umständen diese Fähigkeit zum „sozialen Lernen“ unterdrücken.

Unser „Artu“ hat noch mit 7 Jahren begriffen, dass in unserem Hause viele Fremde ein- und ausgehen und er sie nicht zu vertreiben hat, obwohl dies früher auf seinem Anwesen in Italien seine Aufgabe war. Wir haben ihm nach einer Eingewöhnungszeit durch Gestik und Stimme unseren Unmut über sein Verbellen von Besuchern ausgedrückt. Er hat dann erlebt, dass diese Besuche zu unserem Alltag gehören und er hat die Situation nach einigen Wochen akzeptiert. Später hatte er zu den regelmäßigen Besuchern, Freunden unserer Kinder etc. freundliche Beziehungen, viele erkannte er schon nach kurzer Zeit an Autogeräuschen.

In der Regel müssen sie beim Maremmanen nicht befürchten, dass er ohne Vorwarnung jemanden angeht, sie können einschreiten oder der Bedrohte hat Gelegenheit sich zurückzuziehen. Allerdings hat ein solch prägsamer und gut beobachtender Hund wie der Maremmane ein feines Gespür für Missstimmungen oder verdeckte Feindseligkeiten. Verhält er sich mit fremden Menschen ungewöhnlich aufmerksam und misstrauisch, sollten sie ihren Hund gut im Auge behalten! Wenn ein Maremmane erst einmal durch Provokationen in Wut kommt, muss man sehr energisch werden, damit er sich wieder „einkriegt“.

Ein Hirtenhund, der nur auf seine Schafe und den Hirten und dessen Familie geprägt ist, ist ablehnend gegenüber allem Fremden. Viele französische und italienische Hirtenhundehalter schließen die gleichzeitige soziale Bindung zu Mensch und Herde aus (Transhumanz). Nur so erhalten sie ihrer Auffassung nach einen absolut zuverlässigen Hirtenhund. Dies mag unter bestimmten Lebensbedingungen auch Sinn machen.

Professor David E. Sims (Veterynary College, Atlanta, Präs. der int. Akbasch Vereinigung, in „Deutsche Schafzucht“ 16/1995) hat eine andere Auffassung: „ Eine Bindung an Schafe verlangt nicht den Verzicht auf andere soziale Beziehungen zu Mensch und Tier.“ Wir selbst haben Maremmanen kennen gelernt, die kompromisslose Hirtenhunde waren und trotzdem Menschen gegenüber vollkommen ungefährlich. Unser Argante, der jahrelang in der Toskana eine Herde bewachte, ist so ein Beispiel. Es ist besonders beim Maremmanen eine Frage der Prägung und Erziehung. Andere Hirtenhunderassen unterscheiden sich hier zum Teil beträchtlich!

"Flughunde" Merle und Henry

"Flughunde" Merle und Henry

Hirtenhunde werden im landläufigen Sinne nur wenig erzogen! Die Hirten sorgen für optimale Prägung an die Herde und für die richtige Umgebung. Durch seinen angeborenen Schutztrieb erfüllt der Hirtenhund dann im Prinzip von selbst seine Aufgaben. Der Hirte muss nur noch eine ausreichende Kontrolle über den Hund entwickeln und unerwünschtes Verhalten vermeiden und sanktionieren. Das gewünschte Verhalten entwickelt sich dann von selbst. (Roque 1993 , Cave-Penney,1994 aus Schafzucht 16/95): „Lediglich zu seinem Züchter/ Aufzüchter sollte und muss der junge Hund Kontakt haben, d.h. er muss seinen Herrn kennen, auf „Komm“ zu ihm kommen, er muss wissen, wie er heißt und welche Bedeutung das Wort „nein“ hat.“

Im Unterschied zu einigen anderen Hirtenhunden ist der Maremmane stärker auf seine Familie bezogen, so dass die Einwirkung auf den Hund sanft und ohne Härte erfolgen kann. Der Maremmane ist empfindsam bei Einwirkungen seines Besitzers (und dessen Familie)! Eine weitere Besonderheit im Unterschied zu anderen Hirtenhunden ist beim Maremmanen die starke Bezogenheit auf ein eigenes Territorium. Er braucht also für seine artgerechte Entwicklung ein ausreichend großes Revier. Er muss die Möglichkeit haben, sein Verhalten bezüglich Kontakt oder Annäherung zu Fremden auf einem genügend großen Grundstück zu entwickeln, d.h. er muss vor allem als junger Hund die Möglichkeit haben, sich zurückziehen können, wenn ihm eine Begegnung unangenehm ist. Andernfalls könnte es sein, dass er sich zu unangemessener Verteidigung hinreißen lässt. Dies ist wichtiger als weitläufige Spaziergänge und Wanderungen, die er als Junghund nicht unbedingt schätzt. Natürlich muss ein junger Maremmane viele Erfahrungen machen, um ein gut sozialisierter Hund werden. Er muss alles kennen lernen: Verkehr, Kneipenbesuch, Menschenansammlungen, aber alles sehr vorsichtig, passiv und mit entsprechenden Pausen dazwischen. Das eigene Territorium wird beim Maremmanen nicht durch Spaziergänge ersetzt! Er soll niemals ausschließlich in der Wohnung gehalten werden, wenn man Fehlentwicklungen vermeiden will, und schon gar nicht im Zwinger.

Ein wesentlicher Punkt bei der Erziehung ist: Der Maremmane braucht Rückhalt und Anerkennung von seinem Besitzer. Und die muß Autorität und Rückhalt ausstrahlen. Dazu gehört auch vor allem beim Heranwachsenden, dass der Besitzer sich bei Verboten, die er ausspricht auch einmel energisch durchsetzt. Wir organisieren das, indem wir den jungen Hund in Versuchung führen etwas zu tun, was wir nicht dulden. Z. B. Fremde anspringen. Dann gibt  es auch einmal richtig Druck. Dadurch lernt der Hund, Verbote oder Kommandos, die wir aussprechen, ernstzunehmen und später, wenn er etwas Neues lernt, wird er das ohne viel Druck lernen.Grundlage um einen Maremmanen zu handhaben( natürlich nicht nur beim Maremmanen) ist absolutes Vertrauen in den Besitzer. Ein Beispiel: Sie kommen mit ihrem jungen Hund an eine vollkommen unbekannte Brücke oder an einen für ihn unangenehmen Ort. Sie müssen dahinüber, um nach Hause zu kommen und haben keine Zeit, lange zu diskutieren. Dann können sie, wenn der Hund Vertrauen zu Ihnen hat, ihn auch einmal durch eine solche unangenehme Situation "zwingen" ohne dass er Schaden nimmt. Wenn sie ihn dann kräftig abliebeln, wird er beim nächsten Mal kaum noch Zicken machen. Aber Vorsicht, den jungen Hunde nicht überfordern! 

Welpen werden bei uns im Haus geboren, aber sehr früh (4. Woche) draußen gehalten. Sie schlafen anfangs in einer recht engen Schlafkiste, die je nach dem Wachstum der Welpen vergrößert wird, dadurch lernen sie sehr früh ihre Notdurft draußen zu verrichten. Es stehen auch immer Transportboxen zum Spielen in ihrem Auslauf. Dadurch wird ihnen die Box vertraut und man kann ihr Leben lang die Transportbox für den Transport, im Hotel oder z.B. auf Ausstellungen nutzen. Auch die Erziehung zur Stubenreinheit ist damit sehr einfach. Der junge Hund schläft anfangs darin, wenn er ausreichend Bewgung hatte und wird sofort vor die Tür gesetzt, wenn er wach wird. In der Regel läßt er dann sofort Wasser und wird gelobt. Das große Geschäft machen Maremmanen ohnre große Erziehung von selbst meist immer in die gleiche Ecke innerhalb ihres Reviers, wenn es dort sauber ist.  Meist sind unsere Welpen schon im Abgabealter stubenrein. Später sollte sich der Maremmane aber selbst einen Platz in Haus oder Garten suchen, von wo er sein Revier beobachten kann. Die Welpen unseres aktuellen Wurfes haben häufig, trotz beheizter Hütte und bei Frost lieber draußen geschlafen. Sie sind erstaunlich wetterhart!

An der Leine muß ein Maremmane ohne zu ziehen gehen, weil er Ihnen gefallen will und nicht weil er ständig Leckerlis bekommt oder mit dem Stock oder hartem Gezerre korrigiert wird. Den Welpen gewöhnt man an die Leine, indem man ihn nach dem Spielen wodurch er ein wenig müde ist, die Leine einfach umhängt und ihn damit herumlaufen läßt. Wenn er das akzeptiert, nimmt man die Leine in die Hand und läuft ohne Zerren mit dem Hund mit. Nach einigen Tagen nimmt man dann den Welpen an die Leine, wenn er abends müde ist und sich in der Dämmerung näher an den Besitzer schmiegt und übernimmt  vorsichtig die Führung. Nach ein paar Tagen ist der Hund daran gewöhnt und man kann etwas stärker einwirken. Der junge Hund lernt dann innerhalb weniger Tage unterstützt durch gelegentliche Rucken an der Leine, dass es für beide Seiten angenehmer ist, nicht zu ziehen. Wenn er zu stark zieht, kann man ihn meistens mit einem Tadel zur Vernunft bringen. Die leider in Mode gekommenen Hundegeschirre sind ein Gräuel! Sie fördern das permanente Gezerre an der Leine und sind Gift für die Schulter. Ein Hund an der Leine soll grundsätzlich nicht ziehen. Sie sind da sehr viel ausdauernder als der Hundeführer und das kann auf Dauer sehr anstrengend und lästig werden und ihre Schulter lose machen. Und es sind schließlich keine Schlittenhunde!

Grundsätzlich gilt bei unserer Erziehung: Der Hund soll uns zu liebe Kommandos erfüllen und nicht weil er Druck oder Leckerlies bekommt. Auch wir geben ab und zu einmal Leckerbissen, aber eher zur Förderung des Vertrauens und um den Welpen an Hand und seinen Namen zu gewöhnen, als zur Belohnung. Die bekommt er in Form von Lob, aber auch einmal Tadel, der in der Regel ausreicht, ihn zu führen. Wir finden es schrecklich, wenn wir auf der Strasse Hunde sehen, die wie hypnotisiert auf den Futterbeutel starren und alles tun, um noch einen Happen zu bekommen. 

Unsere Hunde müssen auf "Komm her" reagieren. Sie lernen auf den Ruf " Gehört zu uns!", Fremde in Ruhe zu lassen. Das Kommando " Lass das sein!" bricht sofort eine Handlung ab. Das haben wir den Hunde schon sehr früh eindringlich klar gemacht. Das Kommando "aus" nutzen wir, wenn sie unerwünscht bellen oder anspringen. "Bleib hier!" hält sie in der Nähe, ohne das sie "Sitz" oder "Platz" machen müssen. Mehr Befehle müssen unsere Hund nicht lernen!  Das Bild auf der Startseite mit 7 Maremmanen ist auf einer internationalen Hundeausstellung entstanden. Um sie herum waren ca. 200 Zuschauer. Ihnen wildfremde Profifotografen plazierten sie passend für das Foto. Es sind 2 erwachsene Rüden, ein Jungrüde und 4 erwachsene Hündinnen, die nicht einmal immer zusammenlebten. Das ganze hat ca.1/2 Stunde gedauert. Keiner der Hunde kannte das Kommando "Sitz" oder "Platz". Trotzdem haben sie voller Vertrauen das ganze Theater mitgespielt, ohne jeden Streit oder Murren: Hauptsache der Chef ist zufrieden!

Wir bitten regelmäßig Kinder aus der Verwandschaft/Nachbarschaft ein, sich zu unseren Welpen zu setzen und sie mit der Hand zu füttern. Wir haben bislang sicher auch deshalb immer kinderfreundliche Hunde gehabt.

Falls Sie Fragen haben zur Erziehung ihres Maremmanen, können Sie uns jederzeit anrufen, auch wenn Ihr Hund nicht von uns kommt!